Der "Wilde Westen"

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Die Western-Szene - ein Menschenschlag, vom Kleinkind bis zum Pensionär, der seine Entspannung und Freude im vielfach gefächerten Bereich der Liebe zur Geschichte und zur Gegenwart der Vereinigten Staaten von Amerika findet.
Grundsätzlich eint alle diese Menschen ihre Liebe zur Country-Musik, zu Freiheit, Weite, Romantik und Unabhängigkeit. Alles das, was in den Augen vieler den Grundtenor des Lebens in den U.S.A. ausmacht. Aber schon hier finden sich Unterschiede, die die einzelnen "Sparten" der Country & Western-Freunde in einzelne Bereiche unterteilt.
In der Folge möchte ich versuchen, auch dem "uneingeweihten" Besucher einen kleinen Ein- und Überblick in und über diese Bereiche zu geben. Da dies unter Umständen so aussehen kann, als ob hier im Endeffekt eine "Wertung" vollzogen werden soll, was aber keinesfalls meine Absicht ist, sage ich gleich am Anfang, daß das Folgende auf höchst eigenen Erfahrungen beruht und im Prinzip Silvi's und meinen Werdegang in der Country-Szene reflektiert.
Also beginnen wir....! Der Einstieg in dieses Hobby ist meist recht unspektakulär. Man hört im Radio einen Musiktitel, der sich recht gut anhört. Die Melodie geht ins Ohr und bei genauerem Hinhören sagt der Text genau das, was man sich ja auch schon lange wünscht - Freiheit und Abenteuer. Man fragt sich, wer der Sänger oder die Sängerin ist, fragt sich, ob dieser oder diese noch mehr und ähnliche Titel im Reportoir hat und ehe man sich versieht, hat man seine erste Country-CD gekauft. Bei dieser Gelegenheit fällt auf, daß dort im Regal ja noch mehr CD's stehen, die ähnliche Bilder auf dem Cover tragen und die Neugier ist geweckt, ob die Musik auf diesen Scheiben ebenso ins Blut geht. Man hört rein und merkt, diese Art von Musik spricht mich an. Na gut, kaufen wir eben noch eine! Und dann, nach einiger Zeit, will es der Zufall, daß man in der Zeitung liest, im Radio hört oder im Fernsehen sieht, daß irgendwo in der Nähe ein Treffen stattfindet, bei dem genau diese Musik gespielt wird. Man braucht keine CD mehr zu kaufen - man braucht nur dorthin zu fahren und zuzuhören. Und Live-Musik ist sowieso besser!

Die Country Musik bringt Dich oft zuerst genau an diesen Platz - zu Trucker-Treffen in ganz Deutschland.

Der zweite Schritt ist getan. Dort, bei diesen Treffen sieht man Leute, die ihr Äußeres der Country-Musik schon etwas näher angeglichen haben. Sie tragen Hüte, haben Westen an und vor allem - sie scheinen sich untereinander bestens zu verstehen. Der Gedanke reift, daß man sich dort unter ihnen vielleicht auch wohl fühlen könnte. Und der beste Weg dorthin scheint der Kauf eines Hutes zu sein. Also ran, einen Hut gekauft und aufgesetzt - und ein "Wunder" geschieht. Die anderen, die man eben noch etwas aus Distanz beobachtet hat, sprechen Dich an, grüßen Dich und lächeln Dir zu. Und Du beginnst dich wohl zu fühlen. In der Folge erweiterst Du Dein Outfit immer ein bischen mehr. Es folgt eine Weste - zuerst meist eine Stepweste - dann eine Lederweste mit Fransen - dann ein Paar Cowboy-Boots - dann ein Jeanshemd mit Leder- und Knochenaplikationen - dann kommt noch eine Lederjacke dazu, natürlich auch mit Fransen und im ungeeignetsten Falle auch ein Fuchsschwanz für den Hut und ehe Du Dich versiehst, hast Du einen halben Schrank voll mit "Westernsachen". Nun fühlst Du Dich im vollen Umfange dazugehörig und identifizierst Dich voll und ganz mit der Trucker-Szene. Im Auto läuft fast ausschließlich "Deutsch-Country" und in kürzester Zeit zieren Deinen Hut alle möglichen Pins von Sängern, Automarken und Treffen. Diese Phase hält im Allgemeinen am längsten an, bzw. ist sie für Dich DAS Hobby im Grundsätzlichen.

Und so sieht der Einstieg in die Country-Szene meist aus. Micha mit Freunden 1994 beim Truck-Treff in Bielefeld....
....und ein paar Jahre später, aber immernoch im typischen "Trucker-Stil", in Pullman City.
    
Ein gewisser Prozentsatz der Westernfreunde kommt aber auch im Laufe der Zeit mit einer anderen "Szene" in Kontakt. Das geschieht meist, wenn man an irgendeiner Stelle Kenntnis von einer oder mehreren der in Deutschland schon recht verbreiteten Westernstädte bekommt und den "Fehler" macht, dort einen Besuch abzustatten.

Pullman City I bei Eging am See in der Nähe von Passau    

Pullman City II - heute unsere
"zweite Heimat"

Hier triffst Du auf Leute, die sich teilweise schon seit Jahren intensiv mit der Geschichte des "Wilden Westens" beschäftigen und sich auf ihre Fahnen geschrieben haben, diese Geschichte wieder aufleben zu lassen. Und nun beginnt wieder ein Entwicklungsprozeß.

Micha in der "Stufe 1"

Stufe eins - Du siehst Waffen (hier sei angemerkt, daß es sich in diesen Fällen meist um Deko-Waffen handelt - im äußersten Falle um Schreckschuß- oder Vorderladerwaffen, die aber in keinem Falle geladen getragen werden dürfen) und Du möchtest auch eine haben. Also los und einen Deko-Revolver gekauft - dazu einen "ordentlichen" Westerngürtel mit Holster - genauso, wie Du es in unendlich vielen Hollywood-Western gesehen hast. Zuerst schnallst Du Dir das Ding etwas verschämt um, aber nach kurzer Zeit fühlst Du Dich sauwohl unter den anderen Fans. Auch das ist dann eine Stufe, auf der viele Leute stehen bleiben und darin ihre Art von Hobby sehen. Allerdings kann es auch weiter gehen.

Kay und Micha in der "Stufe 2"

Stufe zwei - Du wunderst Dich, daß es einige Leute gibt, die Dich etwas merkwürdig betrachten und ein Lächeln im Gesicht tragen. Nicht abwertend, nein - eben nur etwas amüsiert. Und nun bist Du auf den "harten Kern" gestoßen. Du siehst Dich Leuten gegenüber, deren Outfit so rein gar nichts mit den meist geschniegelt und gebügelten Klamotten der Hollywood-Western gemein hat.

Gummi, Günni, ein Trapper und Harry Vierauge -
typische Vertreter der "Lächelnden".

Die tragen Fell- und Ledersachen, denen man ansieht, daß sie tägliches Zubehör sind - abgeschabt, fleckig und teilweise auch "etwas" staubig. Andere haben Kleidung an, die meist aus schwarzem oder gauem Wollstoff gefertigt ist, sie tragen große Hüte, deren Krempe bei weitem nicht so hoch gebogen ist, wie Du es bei Dir siehst und wie es ja auch bei "Bonanza" so war.

So oder so ähnlich könnte es auch vor 130 Jahren ausgesehen
haben - sieht man von dem Stilbruch durch die Coca-Cola-Schirme ab.

Ihre Frauen tragen weite Kleider über Reifröcken und alles sehen so aus, wie Du es teilweise schon auf alten Bildern aus Europa gesehen hast. Merkwürdig, aber nur wenig erinnert an das, was Du aus Film und Fernsehen kennst. Und nun fragst Du Dich, wo und wie man sich über die wahren Gegebenheiten im Westen der U.S.A. im 19. Jahrhundert informieren kann.

Nur sehr wenig läßt erkennen. daß diese Leute im realen Leben
Menschen am Ende des 20. Jahrhunderts sind.

Bücher! Eine gute Idee! Du beginnst Dich in die Materie einzulesen und nach und nach bemerkst Du, daß der wahre Western bei weitem nicht so "wild" und blutrünstig war, wie er gern in Filmen und TV-Serien beschrieben wird. Und auch die Menschen dort unterschieden sich nicht so gravierend von den Europäern, wie es meist den Anschein haben soll. Und Du kommst zu dem Schluß, daß es Dir sicher Spaß machen könnte, eben dieses Leben, das ja so "unnormal" und "abenteuerlich" gar nicht war, etwas näher zu beleuchten und eventuell in Deiner Freizeit auch nachzuleben. Nun bist Du in der Stufe drei angelangt und  an einem Punkt, der Dein Hobby sehr zeitintensiv und auch kostspielig macht.

Micha und Harry Vierauge in der "Stufe 3"

Denn Du versuchst nun, Dein Outfit den tatsächlichen Gegebenheiten der damaligen Zeit anzupassen. Das ist zwar relativ einfach, weil man ja auch in Deutschland fast alles aus der damaligen Zeit kaufen kann, aber Du merkst recht schnell, daß es wie bei jedem anderen Hobby ist - alles was mit der Freizeit zu tun hat, ist sündhaft teuer. Also verlegst Du Dich darauf, alles das, was Du brauchst, weitestgehend selbst zu machen. Das ist billiger, allerdings auch sehr zeitaufwendig. Und da ja ein Outfit nicht reicht - wer läuft schon im realen Leben immer mit den gleichen Klamotten rum - geht die Sache eben immer weiter. Und irgendwann merkst Du, daß Deine gesamte Freizeit komplett durch Dein Hobby ausgefüllt ist. In dieser Situation kannst Du nur hoffen, daß Deine Partnerin am gleichen Strang zieht, denn sonst ist schiefer Haussegen vorprogrammiert.

Fazit des eben gelesenen ist - ein Hobby, egal welcher Art, beginnt nie als "fertige und ausgereifte" Freizeitbeschäftigung. Immer ist eine Steigerung des Zeit- und Kostenaufwandes zu verzeichnen, der gleichzeitig mit einer Steigerung des Wissens und Könnens in der jeweiligen "Fachrichtung" einhergeht. Und je mehr Du auch erfährst und zu wissen denkst - Du wirst immer einen Menschen finden, der Dein Hobby teilt und noch ein kleines bischen mehr weiß. Und Du solltest von ihm lernen - vorausgesetzt natürlich, er ist nicht nur ein Schaumschläger und Besserwisser, von denen es leider in allen Hobbybereichen reichlich gibt.

Und nun - zum Abschluß dieser Seite - eine kleine Frage. Hat nicht jeder irgendwo ein Interessengebiet, daß ihn fasziniert und über das er gern mehr erfahren möchte - ein Hobby also? Und wo sind denn die Unterschiede bei diesen Hobbies? Es ist doch egal, ob jemand kleine Metallstücke sammelt, mit denen einmal irgendetwas bezahlt werden sollte, ob jemand sich über kleine Papierschnipsel freut, die eigentlich angeleckt und auf Briefe geklebt werden sollten, ob jemand faziniert Männern hinterher schaut, die eine kleine Lederkugel durch die Gegend schubsen oder ob jemand in seiner Freizeit nichts weiter tut, als immer neue Bücher zu lesen - ob jemand die ganze liebe Freizeit auf einem Segelboot verbringt oder bei jedem neuen Film ins Kino rennt? Jeder tut das allein für sich, um abzuschalten und ein klein wenig den manchmal stressigen Alltag zu vergessen. Und wir - die Anhänger der Country & Western-Szene - wir finden unsere Entspannung eben darin, in eine andere Zeit und Umwelt zu schlüpfen.

Sind wir darum "kindischer" als all die anderen Freizeitenthusiasten?

Und wenn nun jemand wirklich ein kleines Interesse an diesem Hobby oder an seinen Verfechtern gefunden haben sollte, dann sollte uns das wirklich freuen und wir würden demjenigen gern einen kleinen Einblick in das geben, was der "Wilde Westen" wirklich war und wie es dort wirklich zuging.
Interesse? Und noch ein bischen Zeit? Dann klickt auf den revolverschwingenden Kerl da unten!

Der "Wilde Westen" wie er wirklich war

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